Beginnt die Mindestvertragslaufzeit eines Glasfaser-Tarifs mit der Bestellung oder der Anschluss-Schaltung? Die Deutsche Giganetz hatte eine falsche Klausel in den AGB, urteilte das Hanseatische Oberlandesgericht.
In vielen Regionen sind die "Vorvermarkter" unterwegs: Vor dem Baubeginn für Glasfaser sollen möglichst viele Anwohner einen Vertrag abschließen, was dem Unternehmen dann Sicherheit geben und die Vorvermarktungsquote erhöhen soll. Doch danach ist für manchen Kunden erstmal Warten angesagt. Mitunter kann es auch einmal mehr als zwei Jahre dauern, bis die Bauarbeiten abgeschlossen und die Anschlüsse aktiviert sind.
Da stellt sich die Frage: Sind die Kunden dann weiterhin an diese Verträge gebunden? Wann beginnt eigentlich die Mindestlaufzeit von 24 Monaten, die maximal erlaubt ist? Die Verbraucherzentrale NRW erzielte nun ein wegweisendes Urteil gegen die Deutsche Giganetz GmbH.
AGB: Mindestlaufzeit erst ab Anschluss-Schaltung?
Wie bei vielen Glasfaseranbietern üblich, bietet die Deutsche Giganetz Verträge mit einer Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren an, teilt die Verbraucherzentrale NRW mit. Unter den Anbietern sei es gängige Praxis, dass die Vertragslaufzeit erst mit der Freischaltung des Glasfaseranschlusses und nicht mit Vertragsschluss beginnt. Verbraucher hätten darauf meist keinerlei Einfluss und mussten offenbar bisher hinnehmen, dass sich der Kündigungszeitpunkt durch den späten Beginn der Vertragslaufzeit nach hinten verschiebt.
Ein Anbieterwechsel sei dadurch teilweise erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt möglich gewesen. Die Deutsche Giganetz hatte den Beginn der Mindestvertragslaufzeit ab Freischaltung des Anschlusses sogar in ihren AGB festgeschrieben. Dagegen klagte die Verbraucherzentrale vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht und bekam Recht. Das Urteil vom 19.12.2024 (
Az. 10 UKL 1/24) ist aber noch nicht rechtskräftig.
Gesetzliche Höchstlaufzeit gilt
Nach den Beobachtungen der Verbraucherzentrale NRW kann der Bau von Glasfaserleitungen von wenigen Wochen bis zu mehr als einem Jahr dauern. Beginne die Vertragslaufzeit jedoch erst mit der Freischaltung des Anschlusses, verlängere sich die tatsächliche Bindung der Verbraucher, da der Zeitraum des Ausbaus auf die Mindestvertragslaufzeit aufgeschlagen werde.
"Dies verstößt gegen die gesetzliche Höchstlaufzeit für Telekommunikationsverträge von maximal zwei Jahren", sagt Erol Burak Tergek, Jurist und Telekommunikationsexperte der Verbraucherzentrale NRW. Diese Ansicht habe das Hanseatische OLG bestätigt und in seinem Urteil ausgeführt, dass das Gesetz eine übermäßig lange Bindung der Verbraucher verhindern wolle, um deren Wahlfreiheit bezüglich des Netzanbieters nicht zu beeinträchtigen. Das Urteil sei wegweisend, weil es den Anbietern signalisiere, dass auch beim Glasfaserausbau die Höchstlaufzeit von zwei Jahren gelte und das Risiko der Ausbauzeit nicht auf die Verbraucher abgewälzt werden könne, so Tergek. Durch die Hinzurechnung der Zeit bis zur Freischaltung werde die gesetzlich zulässige Höchstlaufzeit von zwei Jahren überschritten.
Glasfaserverträge würden häufig im Rahmen von Haustürgeschäften abgeschlossen. Bis der Ausbau tatsächlich erfolgt, vergehe in der Regel jedoch noch einige Zeit. Grundsätzlich könnten Verbraucher einen Glasfaseranschluss erstmals zum Ende der Mindestvertragslaufzeit ordentlich kündigen.
Uns flattert eine Einladung ins Haus: Die Telekom informiert die Bürger der südhessischen Odenwald-Gemeinde Höchst über den Glasfaserausbau. Was erzählt die Telekom dort? Wir haben inkognito teilgenommen.
Quelle; teltarif